Vom Experiment zum manntragenden Flugzeug

Jupp Wimmer, der Vater der Inter-Ex, und sein Leonardo 2000



Leonardo 2000

Spannweite 2000 mm
Gewicht 780 g
Antrieb Speed 480

Groß und sehr langsam bei einer minimalen Flächenbelastung.

Scale 1:6, von diesem Modell wird es im April 2001 eine manntragende Konstruktion geben.



Leonardo

Scale 1:2
Spannweite 6 m
Gewicht 25 kg
Es ist der große Bruder des Leonardo 2000





Heidelberger Nachrichten, Mittwoch 18.10.2000

Kommt bald ein Drei-Liter-Flieger aus Heidelberg?

Der junge Heidelberger „Hobby-Unternehmer“ Alexander Dewald baut in Bad Mingolsheim ein Ultra-Leicht-Flugzeug mit Rekord-Werten

Von Karl-Horst Möhl

Einen eigenen „Flugplatz“ direkt bei der Montagehalle? Der war auf Heidelberger Gemarkung natürlich nicht zu bekommen. Aber in Bad Mingolsheim. Entsprechend stolz war der junge Heidelberger „Hobby-Unternehmer“ Alexander Dewald, als er Freunden des Luftsports und dort insbesondere der Ultra-Leicht-Klasse jetzt sein neues Domizil vorstellen konnte. Demonstrativ hing an einem riesigen Autokran über dem Gelände ein „Sunny“, ein zweisitziges Ultra-Leichtflugzeug mit beeindruckenden technischen Daten, für das der Heidelberger Mechaniker und Selfmade-Mann im vergangenen Jahr alle Rechte erworben hat, und das nun in kleiner Stückzahl in Bad Mingolsheim in Handarbeit gefertigt wird.
Die Augen des sympathischen jungen Mannes blitzen auf, wenn er lebendig und anschaulich vom Flugzeugbau erzählt. Das Fliegen selbst ist dagegen nicht gerade zu einer Leidenschaft geworden. Mit 15 Jahren hatte er sich für einen Rundflug über Walldorf Geld gespart, die Aufmerksamkeit galt dabei aber mehr der Technik und den Instrumenten als der herrlichen Rundumsicht. So ist es bis heute geblieben.
Alexander Dewald kam 1966 in Heidelberg auf die Welt, und wollte nach Eichendorffschule und IGH „etwas Praktisches machen“. So lernte er Mechaniker im damaligen Autohaus Neckar in Rohrbach. Seine Eltern mussten ihrem Sohn weder ein Fahrrad noch ein Moped kaufen, das hatte er sich jeweils aus mehreren Wracks selbst zusammengebaut. Zur Freude seines Versicherungsvertreters, der ständig für das kleine Kennzeichen neue Kleinkrafträder eintragen musste. Auch die Liebe zu Flugzeugmodellen war früh erwacht. Sie begann mit einem Styropor-Gleiter, und schon nach den ersten Fertigbausätzen folgten respektable Eigenkonstruktionen, die immer größer wurden. „Du machst noch so lange, bis Du selbst drin‘ sitzt“, wurde er gefoppt. So kam es auch.
Während er seine Brötchen als Mechaniker bei den „Heidelberger Druckmaschinen“ verdiente, verbrachte er die Wochenenden immer häufiger bei der Firma „Air light“ in Hassfurt, bildete sich auf Lehrgängen weiter und legte in Mosbach den „kleinen Pilotenschein“ ab, die Lizenz zum Fliegen von Ultraleicht-Flugzeugen. Bei Sinsheim baute er sich als eigene Werkstadt ein Bauernhaus mit Scheune aus.
Im Erzählen stimmt er plötzlich die Melodie von „Wild Thing“ von den Froggs an. So hieß auch der Flieger, den er 1996 in Rumänien als Bausatz erwarb. Er musste bei zehn Metern Spannweite aus Alublechen vernietet werden und wurde anschließend von Dewald poliert. Der Flieger ging mit einen Zwei-Zylinder-Boxer-Motor in die Luft.
Vor einem Jahr erwarb der Heidelberger die Lizenzrechte am „Sunny“. Dieter Schulz aus München hatte den Ultraleicht-Flieger bereits vor zehn Jahren entwickelt. Wenn Dewald nun ein Flugzeug baut, sägt er nach einer genauen Liste alle Alurohre, die zwischen 8 und 48 Millimeter stark sind. Danach werden auf der „Micky-Maus-Maschine“, wie Dewald seine CNC-gesteuerte Bohrmaschine nennt, die Löcher für die Verbindungen gebohrt. So geht es weiter, bis nach rund 100 Stunden das Gerät, das in drei Variationen gebaut wird, flugfertig ist.

Der kastenförmige Doppeldecker (Box Wing Konzept) wiegt rund 240 Kilo, ist für zwei Personen bestimmt und hat mit seinem 50-Liter-Tank eine Reichweite von rund 600 Kilometern, bei einer Motorisierung zwischen 50 und 80 PS, was den kleinen Flieger bis zu 140 km/h schnell macht. Bespannt ist er mit einem robusten Dacron-Netzgewebe.
Schon bevor Dewald die Rechte erwarb, lernte er bei einer Modellflieger-Ausstellung den Ex-Unternehmer, Naturfreund, Weltenbummler, Musiker und Flugmodellbauer Josef Wimmer kennen. Der hatte sich intensiv mit den gezeichneten Fliegern von Leonardo da Vinci beschäftigt und mit einem Modell nachgewiesen, dass die Idee des Universalgenies flugfähig war. Dafür wurde er mit dem „Premio Modeffi d‘Axte del Volo“ der Associatione Internationale Leonardo da Vinci ausgezeichnet.
Wimmer hatte sich so in dessen Arbeiten eingelesen, dass er den Vogelflug aufs Neue beobachtete und studierte, Flugbilder filmte und fotografierte. Diese Erkenntnisse standen schließlich Pate für den „Nurflügler in Parabel-Konfiguration“. Dieses Fluggerät, das den Namen „Leonardo“ erhielt, ist das Ergebnis einer l5-jährigen experimentellen Versuchsreihe von Nurflügel-Konstruktionen und deren Weiterentwicklung. Mit dem Modell stellte Wimmer zahlreiche Rekorde auf. Er gewann Preise im In- und Ausland. Es ist übrigens in traditioneller Holzbauweise gefertigt, als Schulterdecker mit Pilotengondel und Druckmotor, Höhen- und Querruder kombiniert.

Alexander Dewald überzeugte Josef Wimmer, dass ein Fluggerät mit solchen Eigenschaften zu schade sei, um nur als - wenn auch riesiges - Modell sein Können unter Beweis zu stellen. Freunde an der tschechischen Uni in Brun gaben alle relevanten Werte in den Computer ein und errechneten bei einer Motorisierung mit einem 35 PS Motor wahre Traumwerte:
Der Leonardo würde eine Spitzengeschwindigkeit von 220 km/h fliegen können und als Mindestgeschwindigkeit von 61 km/h nur knapp über dem legendären Langsamflieger „Fieseler Storch“ liegen. Und jetzt kommt der Clou: bei einer Reisegeschwindigkeit von 176 km/h dürfte nach ihren Berechnungen der Verbrauch bei 3,5 Litern liegen. Jetzt geht es an den Prototyp. Der wird eine Spannweite von 12 Metern haben und fünf Meter lang sein. Wenn der „Leonardo“ als Bausatz auf den Markt kommt, muss mit einer Gesamtbauzeit zwischen 250 und 350 Stunden gerechnet werden. Dafür beträgt die Aufrüstzeit für den späteren Piloten nur noch 15 Minuten.